Heilpflanzengärten

Im westlichen Teil der Vegetationsgeschichte liegen die beiden Heilpflanzengärten: ein neuzeitlicher Arzneipflanzengarten, in dem die pharmazeutisch wichtigen Heilpflanzen nach Wirkstoffen geordnet sind, und ein zweiter, mittelalterlicher, im Sinne Hildegard von Bingens angeordnet nach Wirkprinzipien.

Moderner Arzneipflanzengarten

Die Heilpflanzen im modernen, 1977 angelegten Arzneipflanzengarten sind nach den großen Gruppen ihrer Inhaltsstoffe in Beeten angeordnet gepflanzt (Abb.1). In Mitteleuropa gibt es etwa 400 Heil- und Giftpflanzen, von denen wir die 200 wichtigsten zeigen.

Abb. 1: Moderner Arzneipflanzengarten

Pflanzen enthalten eine Fülle chemischer Substanzen, die im Sekundärstoffwechsel der Pflanzen erzeugt werden. Ihre Wirksamkeit beruht auf ihrer Konzentration in Kombination mit dem menschlichen Organismus. Trotz dieser Vielfalt der Wirkweisen lassen sich Prinzipien herausarbeiten, die auf einzelne Moleküle zurückgehen.

Ganze Pflanzenfamilien sind durch besondere Inhaltsstoffe gekennzeichnet: Nachtschattengewächse enthalten Alkaloide, Kreuzblütler Senföle sowie Lippenblütler und Doldenblütler ätherische Öle.

Die natürlichen Pflanzeninhaltstoffe können gefährliche, mindestens aber unerwünschte Störungen des menschlichen Stoffwechsels bei unsachgemäßer Handhabung ausüben.

Schon Paracelsus, Theophrastus Bombastus von Hohenheim (1493 - 1541) erkannte, dass zwischen Heil- und Giftpflanzen kein Unterschied besteht. Nur auf die Dosis kommt es an.

Heilpflanzengarten der Hildegard von Bingen

Der 2001 gegründete Heilpflanzengarten der Äbtissin Hildegard von Bingen (1098 – 1179) gibt Einblicke in die Denk- und Empfindungsweisen der Menschen im Mittelalter. Schon zu Lebzeiten wurde Hildegard von Bingen zur Wegweiserin, im Jahr 2012 sprach Papst Benedikt XVI. sie heilig. Als Äbtissin besaß sie eine herausragende Autorität und verfasste bedeutende Schriften.

Abb. 2: Heilpflanzengarten der Hildegard von Bingen

In ihrem Werk ‚Physica‘ werden zahlreiche Pflanzen, Tiere und Steine beschrieben. In dem Buch ‚Causae et Curae‘ geht es um Ursachen und Behandlungen von menschlichen Beschwerden.

Der menschliche Körper steht ganzheitlich mit den vier Elementen, Feuer, Luft, Wasser und Erde und damit mit der gesamten Schöpfung in Verbindung. Die vier Elemente wirken auf die vier Arten von Säften im Körper. Sind diese in Harmonie, ist der Mensch gesund.

Nach heutigen medizinisch-therapeutischen Wissen können die rund 100 von ihr eingesetzten Pflanzenarten einigen Hauptanwendungsmöglichkeiten zugeordnet werden.

Nach diesen Hauptanwendungen sind die Beete in unserem Heilpflanzengarten sortiert (Abb. 2):

I    
II   
III   
IV    
V   
VI   
VII 

Erkrankungen der Atemwege
Hauterkrankungen
Vegetative Störungen
Innere Erkrankungen
Gelenkerkrankungen
Herz- und Kreislauferkrankungen
Diverse Erkrankungen

Bemerkenswert ist, dass etliche Arten aus südländischen und osteuropäischen Regionen stammen sowie aus Afrika oder Asien. Viele Arten wurden zur Heilung mehrerer Krankheiten, andere wurden spezifisch eingesetzt.

Wichtig war die Signaturenlehre, die Lehre von Zeichen in der Natur. Anhand dieser Lehre wird davon ausgegangen, dass äußere Merkmale natürlicher Gegenstände wie Pflanzen oder Mineralien auf Ähnlichkeiten, Verwandtschaften und innere Zusammenhänge hinweisen. Nach dieser Logik sprach man beispielsweise der Bohne wegen ihrer äußeren Form eine Heilwirkung bei Nierenleiden zu, der Walnuss für Krankheiten des Gehirns.