Biodiversität in den Hohenheimer Gärten

Blick zum Römischen Wirtshaus

In den Hohenheimer Gärten sind rund 8000 Pflanzenarten auf über 30 ha Fläche angepflanzt, dies zeigt somit eine hohe Pflanzendiversität. Die Pflanzenvielfalt dient zahlreichen Tieren als Nahrungs-, Zufluchts- und Brutstätte.

Zusätzlich siedeln sich zahlreiche Pflanzen und Tiere natürlicherweise an. Artenzählungen aller vorkommenden Wildarten am 'Tag der Artenvielfalt', der in den Hohenheimer Gärten seit mehreren Jahren durchgeführt wurde, zeigten jedesmal eine hohe Anzahl unterschiedlicher Arten.

Studien, wie die Kartierprojekte Moosflora von Hohenheim (Uwe Schwarz & Prof. Dr. Reinhard Böcker), die Flora von Hohenheim (Prof. Dr. Reinhard Böcker) und studentische Abschlussarbeiten (Beuter 2021, Hund 2021) bestätigen diesen Trend. Um diese Entwicklung zu halten und zu fördern, werden in den Hohenheimer Gärten umfangreiche Maßnahmen zur Förderung der Biodiversität unternommen:

Zweischürige Mahd

Ophrys apifera (Bienen-Ragwurz). Foto: H. Dalitz

In der Vegetationsgeschichte auf 8,5 ha und im Landschaftsgarten auf 7,2 ha werden die großen Wiesenflächen seit mehr als 20 Jahren zweischürig gemäht, Ende Juni und Mitte September, zum Erhalt des Artenreichtums in den Wildblumenwiesen. Das Heu wird von einem lokalansässigen Bauern abgefahren und verfüttert. Dadurch werden die Wiesen längerfristig abgemagert, was das Aufkommen seltener Tier- und Pflanzenarten fördert.

Bei der ersten Mahd in der Vegetationsgeschichte im Frühjahr 2022 wurde die seltene und unter Schutz stehende Bienen-Ragwurz entdeckt. Dank der zweischürigen Mahd und der dadurch bedingten Verringerung der Nährstoffe im Boden hat die Bienen-Ragwurz offenbar gute Bedingungen zur Ansiedlung vorgefunden.

Weitere Informationen zur Bienen-Ragwurz finden Sie hier.

Gewässer

Die Teiche im Exotischen Garten, der Lange See, der Teich bei der Bienenkunde, die Eiszeitteiche der Vegetationsgeschichte sowie der Teich bei der "Plieninger Aussicht" sind wichtige Brut- und Futterplätze für verschiedene Tierarten. An den Seen im Exotischen Garten trifft man im Winter u.a. den Eisvogel an. Entlang der Körsch, dem begrenzenden Fluss am Südende der Gärten, wird eine naturnahe Aue als wertvoller Lebensraum erhalten. Gleiches gilt für die Bachaue am Hochbruckgraben im vegetationsgeschichtlichen Teil.

Waldnahe Biotope

Großflächige Bereiche im Schlosspark südlich des Schlosses wurden in ein waldnahes Biotop umgewandelt und ist Lebensraum für viele Vögel z.B. den Waldkauz. Der Unterwuchs ist mit über 150 Wildpflanzenarten besonders artenreich (Hund 2021). Weitere großflächige, waldnahe Gesellschaften finden sich in der vegetationsgeschichtlichen Abteilung in den einzelnen Waldabschnitten, hier hat sich u.a. der Dachs angesiedelt.

Hecken

An vielen Stellen befinden sich Hecken- und Waldsäume als Refugium für Tiere. Einige Bereiche am östlichen bis südöstlichen Rand vom Landschaftsgarten werden als wertvolle Lebensräume erhalten. Entlang der Paracelsusstrasse, der Garbenstrasse, der August-von-Hartmannstrasse und bei der Körschtalschule befinden sich um den Exotischen Garten herum dichte, heckenähnliche Randbepflanzungen als Vogel- und Insektenhabitate. Ähnliches gilt für die Heckensäume im Schlosspark.

Alte Platane am Spielhaus

Verbindung ökologischer Inseln zur Vernetzung einer Gesamtstruktur im Exotischen Garten

Durch dichte, ökologische Inseln bestehend aus Gebüschgesellschaften oft mit Eibe wird die Gesamtstruktur z.B. des Exotischen Gartens vernetzt. Der Exotische Garten ist eine über die Landesgrenzen berühmte Gehölzsammlung, die mit zahlreichen, umfangreichen und auch sehr alten Baumveteranen bepflanzt ist. Von den 9,3 ha Fläche sind nur etwa 5000 m² Freifläche nahezu baumfrei. Das denkmalgeschützte Ensemble muss als Englischer Landschaftsgarten erhalten werden. Tiere können die integrierten Inseln sowie die alten Baumriesen, darunter viele Rekordbäume, als Schutzstätten und Trittsteinbiotope („stepping stones“) nutzen.

Stauden

In allen Bereichen werden, so es geht, Stauden auch nach ihrem Verblühen stehen gelassen, z.B. bei der Staudenterrasse am Spielhaus, dem Pflanzensystem oder den Arzneipflanzengärten. Dies erlaubt es Pflanzen, sich auszusamen und Lebensraum für Tiere zu bieten.

Habitatbäume

Die alten Baumveteranen im Exotischen Garten und Schlosspark liefern aufgrund ihres Alters immer wieder Totholz, welches, wenn es nicht verkehrssicherungsgefährdend ist, von Insekten besiedelt werden kann. So finden sich z.B. Juchtenkäfer in der alten Platane am Spielhaus. Andere alte Bäume bieten Platz für Nester z.B. von Siebenschläfern, Spechten, Bienen und Ameisen.

Nisthilfen

Durch Nisthilfen, die an vielen der alten Bäume angebracht sind, ist ein Schutz für viele Vogelarten gegeben. Im Exotischen Garten hängen seit 2005 Nisthilfen für Meisen- und Kleiberarten an den Bäumen, initiiert vom Arbeitskreis für Vogelkunde und Vogelschutz e.V. Mit Unterstützung von Frau Birgit Maier, Universitätsbauamt, wurden 2020 unter ihrer Regie 100 weitere Nisthilfen im Schlosspark installiert.

2017 wurde ein Insektenhotel in der vegetationsgeschichtlichen Abteilung durch die studentische Gruppe Greening Hohenheim errichtet.

Eidechsenquartier am Pflanzensystem

2021 wurde am Pflanzensystem ein Eidechsenhabitat mit Brut- und Jagdrevier angelegt. Die Eidechsen sind bei sonnigem Wetter zahlreich anzutreffen. Gegenüber befindet sich das ebenfalls 2021 errichtete Schmetterlingshabitat.

Wiesenmischungen

Im Pflanzensystem, bei den Praktikumsbeeten, im Quartier P im Exotischen Garten und in der Kastenanlage wurden Wiesenblumenmischungen mit zertifiziertem, heimischem Saatgut angesät. Dies fördert die Vermehrung vielfältiger Insektenarten.

Renaturierung der alten Kompostfläche

Südlich vom Schloss beim Schafstall wurde eine Kompostfläche, die mit Rasengittersteinen befestigt war, in Absprache mit dem Universitätsbauamt renaturiert. Hier ist eine Wiese entstanden, die Randflächen werden mit heimischen Gehölzen, z.B. Rosen, bepflanzt (Aussichtspunkt „Vor der Blauen Mauer“).

Publikation:
Böcker, R. et al. (2017): Flora Stuttgart,
ISBN : 978-3-9818110-1-8
Bachelorarbeiten:
  • Beuter, T. D. (2021): Zeitliche Entwicklung der Wiesenflächen in den Hohenheimer Gärten
  • Gehlen, C. L. (2019): Einfluss von Blühstreifen auf die Artenvielfalt von Wildbienen
  • Hund, N. (2021): Eine floristische Kartierung im Schlosspark Hohenheim
  • Sedlmeier, J. E. (2019): Diversität der Laufkäferfauna (Col., Carabidae) in Abhängigkeit von Habitat und Mähregime